Das Viertelfestival

Geschichte

So entstand das Viertelfestival Niederösterreich

 

Ermöglicht von zwei Frauen

Zwei Frauen haben maßgeblichen Anteil am Viertelfestival Niederösterreich: Liese Prokop, die als Kulturlandesrätin die Idee unterstützt, die Finanzierung gesichert und in einer schwierigen Lage rasch und effizient geholfen hat. Und Petra Bohuslav, die als Polit-Einsteigerin und Nachfolgerin von Liese Prokop im Kultur-Ressort entschieden hat, das Festival nach dem ersten Durchlauf weiterzuführen.

Aber der Reihe nach. Das Viertelfestival Niederösterreich ist ein Kind der späten 1990er- Jahre – und es ist eng mit der Kulturvernetzung Niederösterreich verbunden. Am 1. September 1996 startete die Kulturvernetzung mit einem Büro in Mistelbach; knapp zwei Jahre später gab es in jedem Landesviertel ein Vernetzungsbüro.

Und im Jahr darauf, 1999, wurde von der damaligen Kulturlandesrätin Liese Prokop die Idee vorangetrieben, dem regionalen Kunst- und Kulturgeschehen ein eigenes Festival zu widmen; eine Präsentationsplattform, eine Leistungsschau. Die eigenen Ideen vorstellen und stolz darauf sein. Einen Beitrag für ein stärkeres Niederösterreich-Gefühl leisten. Denn das war in den Jahren nach der Öffnung des Eisernen Vorhanges noch nicht sehr ausgeprägt.

 

Kein Intendant, keine Großevents

Die damals noch in jedem Landesviertel unabhängigen Kulturvernetzungsstellen wurden damit beauftragt, Formate für ein solches Festival zu entwickeln. Dabei gab es einen sehr weit gesteckten Rahmen: kein Intendantenprinzip, keine Großevents; stattdessen sollten adäquate Formen erdacht werden, die den Bedürfnissen der zahlreichen kleinen Veranstalter besonders gut entsprechen könnten.

Und damit begann das Viertelfestival seinen Weg. Ursprünglich übrigens ohne Niederösterreich im Namen. Es war das „…viertelfestival“; Beispiel: Weinviertelfestival. „Niederösterreich“ kam erst ab dem Festival 2006 dazu.

 

Local Heroes

Mithilfe von Regionalkonferenzen und unter Beteiligung zahlreicher Kunst- und Kulturaktivist*innen, Local Heroes und wichtigen Meinungsbildner*innen wurde in jedem Landesviertel ein eigenes Konzept für ein neuartiges Festival geschaffen. Die Diversität, die offenen Plattformen, die breit aufgestellte Entwicklung – alles das war vonseiten der Verantwortlichen beim Land Niederösterreich ausdrücklich erwünscht, sogar gefordert.

Und diese ungewöhnliche Vorgangsweise wurde am Schluss auch belohnt. Denn aus dem Wettbewerb der Ideen ging ein Festivalformat hervor, das einen sehr ungewöhnlichen Ansatz pflegt und sich dennoch seit inzwischen 15 Jahren bewährt. Örtlich und zeitlich dezentral, inhaltlich sehr offen, vom Kirtag bis zum White Cube, für Rookies ebenso geeignet wie für international erfahrene Profis. Jedes Jahr eine Momentaufnahme: Das tut sich gerade künstlerisch in einem Landesviertel.

2001 bis 2004 lief der erste Reigen der Viertelfestivals durch das Bundesland (Waldviertel – Mostviertel – Industrieviertel – Weinviertel). In dieser Phase hat die Kulturvernetzung maßgeblich mitentwickelt und begleitet. Für die Durchführung verantwortlich war in jedem Viertel ein eigener Trägerverein.

 

Ein niederösterreichisches Festival?

Eines der Ergebnisse dieser Struktur waren vier Festivals, die mit zum Teil massiv unterschiedlichen Durchführungsmodellen – und auch unterschiedlichem Erfolg – umgesetzt wurden und jedenfalls nur für Enthusiasten als niederösterreichisches Festival erkennbar waren.

2005 war ein Zwischenjahr ohne Viertelfestival. Zugleich übernahm die Kulturvernetzung Niederösterreich die Verantwortung für das Festival und brachte es in die bis heute gelebte Form.

Seit 2006 agieren wir als Viertelfestival Niederösterreich mit dem Platzhirsch und dem begleitenden Slogan „Kultur ist der Platzhirsch“ als Leitmotiv. Heute hat sich der rote Hirsch längst durchgesetzt, ebenso wie das Konzept, Kultur vor der Haustür, regionales Kunst- und Kulturgeschehen zu einem Festival zu bündeln.

 

Das Land ist groß

Was vom ersten Viertelfestival an bis heute gleichgeblieben ist: Wir stellen uns der Herausforderung, dem regionalen Kunst- und Kulturgeschehen eine gemeinsame öffentlichkeitswirksame Plattform zu bieten – mit allen Schwierigkeiten, die damit verbunden sind. Bedienen wir doch die meisten Mechanismen nicht, die notwendig sind, um mediale Aufmerksamkeit zu erringen: keine eventorientierten Veranstaltungen, keine Menschenmassen, keine oder kaum überregional bekannte Namen. Kein Kunstfestival, sondern ein niederschwelliges Kunst- und Kulturfestival … und dutzende Aufführungsorte, die sehr weit voneinander entfernt sein können. Denn Niederösterreich ist groß.

 

Ein berührender Höhepunkt

Im Zuge der Eröffnung 2004 in Staatz wurde Landesrätin Liese Prokop von Kulturvernetzer und Festival-Mastermind Josef Schick interviewt. Während ihrer Antwort ergriff sie sichtlich beseelt seine Hand und ließ sie erst wieder los, als ihr Statement beendet war. Liese, wir werden dich immer in Erinnerung behalten.

Natürlich wurde das Festival anfangs misstrauisch beäugt und gelegentlich auch attackiert, wie fast alles, das sich neue Wege zu gehen traut. Aber das ist längst Geschichte. Und was soll man sagen – gerade die professionellen Künstlerinnen und Künstler erzählen uns, dass sie sich kaum irgendwo so wohl und wahrgenommen fühlen wie beim Viertelfestival Niederösterreich.

Es geht um das vorgeblich Kleine und Unwichtige, das Unscheinbare, das wenig Sichtbare. Es geht um die Regionen und ihre Menschen. Es geht um Leute, die ihr direktes Lebensumfeld aktiv gestalten wollen und können – und das gern im größeren Rahmen des Viertelfestival Niederösterreich tun. Es geht um Selbstbewusstsein und Stolz ohne chauvinistische Einfärbungen.

Mit den Worten von Christian Fehringer von den Oberösterreichischen Nachrichten: „Eines der klügsten Festivals in Europa.“

Herzlich
Ihr Team der Kulturvernetzung Niederösterreich